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Paterlini

Diesen Paterlini Rahmen hat mein Vater 1982 gekauft und als Zweit- und Winterrad mit Campagnolo Komponenten aus unserem Bestand aufgebaut.

Paterlini Rennrad von 1982 mit Campagnolo Super Record Ausstattung

Es handelt sich um einen Stahlrahmen mit Columbus Zeta Rohren und italienischem 70mm Tretlager, was damals bei so ziemlich allen italienischen Rahmen der Standard war. Columbus Zeta Rohre sind sehr hochwertige Stahlrohre und wurden in der Rennradfertigung der 1970er und 80er Jahre für die Produktion von mittelklassigen Rennrädern verwendet. Der Rahmen ist sehr gut verarbeitet, hat so gut wie keinen Rost und ist insgesamt sehr gut erhalten. Wo dieser Rahmen gekauft wurde, lässt sich nicht mehr rekonstruieren aber fest steht, es gab damals im Frankfurter Raum einen Herrn namens Arturo Paterlini, der Rennräder in Italien bauen liess und direkt an Vereine, Teams und an Händler um Frankfurt am Main verkaufte.

Ich habe Arturo Paterlini ausfindig machen können und hatte tatsächlich ein sehr nettes und ausführliches Telefongespräch mit ihm über diese alte Zeit. Wir stellten fest, dass wir einige gemeinsame Bekannte in der Frankfurter Radsportszene der 1980er Jahre haben. Arturo erzählte mir, dass er die Rahmen, zu diesen zählt auch mein Rahmen, bei Piero Serena in Nord Italien fertigen liess. Serena baute auch hochwertige Rennräder mit Columbus SL und SLX Rohrsätzen und fertigte offenbar auch Rahmen für Benotto, der seit den 1940er Jahren in Mexico Räder verkaufte. Arturo erzählte mir auch von seinen Kontakten in die Profiszene der 80er Jahre und davon, wie er Giovanni Battaglin zu seinem Giro Sieg 1981 verhalf indem er ihm ein Paterlini Rad mit Dreifachkettenblatt für die extrem schwere 20te Etappe zur Verfügung stellte. Das sind Geschichten die es nur im Radsport gibt.

Eigentlich fuhr mein Vater Rennräder von Alberto Masi, die auf seine Körpermasse in Mailand vom Meister persönlich angefertigt wurden. Ich vermute, dass nach einem Sturz sein damaliger Masi Prestige Rahmen beschädigt war und nicht gleich ersetzt werden konnte. Auf jeden Fall kann mich noch sehr gut daran erinnern, ich war 15 Jahre alt und damals aktiver Rennfahrer in der Jugend- Junioren Klasse, dass mein Vater den Rahmen mit nach Hause brachte und mir das Blau und der verchromte Hinterbau super gut gefallen hat. Die Masis meines Vaters waren damals immer silber und auch wenn Alberto Masi in der damaligen Zeit zu den begehrtesten Rahmenbauern zählte, haben mir die Räder von meinem Vater nie so wirklich gut gefallen. Ich hatte zur damaligen Zeit einen Battaglin Vuelta in Rot mit verchromten Hinterbau und Campagnolo Super Record Ausstattung.

Da mein Vater und ich die selbe Rahmengrösse fuhren, konnte ich auch als Jugendlicher bereits mit dem Rad fahren, auch wenn das damals sehr selten vorkam. Auch wenn die Rahmengrösse passt, werden Rennräder nie mit anderen geteilt. Kein Radfahrer will, dass seine Position verändert wird und ich musste schon die Sattelposition leicht anpassen. Primär wurde das Rad also in den 1980er Jahren von meinem Vater im Winter gefahren. Es gibt aber auch Bilder von meinem Vater und mir bei Rennen bei denen wir gemeinsam gefahren sind wo er auf diesem Paterlini Rad zu sehen ist, er als Amateur ich als Junior.

Zur Geschichte des Rades gehört auch, dass es irgendwann ende der 1980er Jahre bis Anfang der 1990er Jahre gar nicht mehr gefahren wurde und in meinem Elternhaus im Keller stand. Ich hatte mittlerweile ein Studium begonnen und mit dem aktiven Radrennsport auf der Strasse aufgehört, war aber die ganze Zeit über weiterhin radgefahren, damals schwerpunktmässig auf dem Mountainbike. Als ich Anfang der 1990er Jahre wieder mehr auf der Strasse fahren wollte, holte ich das Rad aus dem Keller. Mein Vater hatte das Rad mittlerweile mit Modolo Aero Bremsgriffen und unter dem Lenkerband laufenden Bremszügen ausgestattet. Der Rest der Ausstattung war original Campagnolo Super Record mit Mavic GP4 Felgen und geklebten Schlauchreifen. Ich ersetzte damals den alten Selle Turbo Sattel gegen einen Selle Flite Titanium und tauschte die Campagnolo Pedalen mit Riemen gegen Klick-Pedalen aus. Zwischen 1992 bis 1996 fuhr ich mit dem Rad hin und wieder Amateur Radrennen auf der Strasse. Zu diesem Zeitpunkt war das Rad die ganze Zeit über bei mir und bereits ein Oldtimer. Keiner fuhr mehr Stahlräder, Aluminium mit oversized Rohren oder das aufkommende Carbon waren die Materialien aus denen moderne Rennräder gebaut wurden. 1996 zog ich nach München und war fast nur noch auf dem Mountainbike unterwegs. 1996 stellte ich das Rad also wieder in den Keller meines Elternhauses. Dort stand das Rad sage und schreibe 25 Jahre lang unberührt, bis ich es im Frühjahr 2021 wieder rausholte und nach München brachte. Die Campagnolo Laufräder mit den GP4 Felgen und den Schlauchreifen tauschte ich gegen Laufräder mit Campagnolo Record und Mavic Open Pro Clincher Felgen aus 1994 aus, die ich bei uns zu Hause in dem letzten Masi meines Vaters fand. Die folgenden Bilder zeigen das Rad am 12.06.2021 im Originalzustand nachdem ich es lediglich ein wenig geputzt hatte.

Im November 2021 zerlegte ich das Rad komplett und war sehr überrascht, wie gut der Rahmen und das Chrom aber auch die Lager noch in Schuss waren. Ich musste bei Steuersatz, Naben und Tretlager nur das alte Fett entfernen und die Lager neu fetten und wieder zusammenbauen. An dem letzten Masi meines Vater waren sehr seltene Campagnolo C-Record Aero Bremshebel verbaut die ich an den Paterlini geschraubt habe. Das Ergebnis dieser ersten Restaurierung ist auf den folgenden Bildern zu sehen.

Wenn man sich die Bilder anschaut fällt auf, dass die 1994er Campagnolo Record Hinterradnabe eine 8-fach Cassette aufnimmt. 1994 wurde bereits am Bremshebel indexiert mit dem Campagnolo Ergopower System geschaltet. Ich kombiniere also eine 8-fach Cassette mit einer 1982er Campagnolo Super Record Schaltung und nicht indexierten Schalthebeln am Unterrohr, was in den 1980er Jahren Stand der Technik war. Das ganze System lief nicht wirklich gut.

Also überlegte ich mir einen komplett neuen Laufradsatz für maximal 7-fach Schraubkränze aufzubauen und besorgte mir sogenannte „NOS“ Komponenten bei Ebay. „NOS“ bedeutet „New Old Stock“, also alte Komponenten die noch nie benutzt wurden. Nach langem suchen entschied ich mich für einen Campagnolo C-Record Nabensatz der ende der 1980er Jahre gebaut wurde. Dies waren die letzten Campagnolo Naben für Schraubkränze, danach kam das Cassetten System und 8-fach. Die Vorderradnabe ist tatsächlich NOS, die Hinterradnabe ist neuwertig.

Es ist berechtigt zu fragen, warum ich nicht 1982er Campagnolo Super Record Naben genommen habe. Ich habe selbst aus alten Laufrädern 2 Paare solcher Naben und unterschiedliche Achsen und Ersatzteile. Diese Naben möchte ich aber nicht mehr einspeichen lassen, weil die Speichenaufnahmen bei allen 4 Naben sehr verschlissen sind und ich vermute dass es nach einem erneuten Einspeichen Probleme und Speichenbrüche geben kann. NOS Naben aus dieser Zeit habe ich einfach nicht gefunden, oder zu astronomischen Preisen.

Dazu kaufte ich NOS Campagnolo Omega 19 Felgen und einen NOS 7-fach Regina Extra America Schraubkranz. Die Laufräder wurden dann bei dem legendären Laufradspezialisten Whizz-Wheels in Schöneich in Baden-Württemberg eingespeicht. Bei dieser Umbauaktion entschied ich mich auch alte Campagnolo Super Record Bremsgriffe von 1982 mit aussen liegenden Bremszügen zu montieren. Die Bremsgriffe habe ich in der Garage meines Elternhauses gefunden und die sind so gut wie neu. Ich vermute sogar die sind, warum auch immer nie verbaut worden. Nach diesem original 80s Umbau (mit Ausnahme SPD-Pedal und Sattel) sieht das Rad aktuell wie folgt aus.

Final